Geschäftsbericht

Die santésuisse-Gruppe ist die führende Branchenorganisation der Schweizer Krankenversicherer. Sie ist im Einsatz für ein freiheitliches, wettbewerbliches und soziales Gesundheitswesen.

Editorial

Die Verschnaufpause, die keine war.
Die Kosten steigen weiter.

Editorial

Die Verschnaufpause, die keine war.
Die Kosten steigen weiter.

Einmal mehr hat sich ein sattsam bekanntes Muster wiederholt: Sobald die Politik versucht, die Prämien unter den Kosten der Grundversicherung festzulegen, folgt die Quittung in Form höherer Prämien für die Folgejahre auf den Fuss. santésuisse hat noch mitten in der Corona-Pandemie davor gewarnt, aus den massnahmenbedingt stagnierenden Kosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) falsche Schlüsse zu ziehen. Doch die von einigen Akteuren als zu hoch taxierten Reserven der Krankenversicherer wurden als «low hanging fruit» identifiziert, die nur geerntet werden müssten, um den Prämienzahlerinnen und -zahlern ein Geschenk zu machen. Spätestens im Herbst 2022 landeten alle wieder auf dem harten Boden der Realität: Die Versicherten wurden mit einem Anstieg der mittleren Prämie von 6,6 Prozent konfrontiert. Forderungen nach tieferen Reserven lagen mittlerweile völlig quer in der Landschaft. Die Krankenversicherer, die unter politischem Druck standen, die Prämien tief zu halten, waren mit Kosten konfrontiert, die gut 1,5 Milliarden Franken über den Prämieneinnahmen lagen. Verbunden mit der schwierigen Situation an den Finanzmärkten hat das zu einer markanten Reduktion der Reservehöhe geführt.
Man könnte meinen, dadurch hätte ein Ruck durch die Schweizer Gesundheitspolitik bezüglich Kostendisziplin gehen müssen. Dem war aber leider nicht so. Zwar stellte das Parlament der Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei einen indirekten Gegenvorschlag entgegen. Dieser wurde jedoch in der Beratung immer weiter abgeschwächt, sodass nur noch ein zahnloser Papiertiger resultiert. Und im kostenmässig überdurchschnittlich wachsenden ambulanten Bereich wurden die Kriterien für die Ärztezulassung wieder gelockert. Wenig hat die Politik auch bei den Medikamenten erreicht. Die Preise liegen in der Schweiz deutlich über jenen im Ausland. Die Kosten sind in diesem Bereich stark gestiegen und ein wichtiger Grund für die starken Prämienerhöhungen.

Positiv sind hingegen die erreichten Fortschritte bei der Suche nach dem Tarif der Zukunft für ambulante Leistungen. Erstens konnte mit Unterstützung durch die Politik eine gemeinsame Basis gefunden werden für die Entwicklung der ambulanten Pauschalen. Und zweitens wurden die Voraussetzungen geschaffen für ein Tarifwerk, das Pauschalen für häufige Standardeingriffe mit dem Einzelleistungstarif Tardoc für die ärztlichen Grundleistungen verbindet.

Wie schon die Vorjahre, die stark von der Pandemie geprägt waren, entwickelte sich auch 2022 für santésuisse und seine Mitglieder als anspruchsvoll. Ich danke dem Verwaltungsrat, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von santésuisse und der Gruppengesellschaften sowie den Mitarbeitenden der Krankenversicherer, welche in den Verbandsgremien mitwirken, für ihren Beitrag und ihren grossen Einsatz zu Gunsten unseres Gesundheitswesens. Die Herausforderung, unser Gesundheitswesen in guter Qualität und mit tragbaren Kosten in die Zukunft zu führen, werden uns weiter begleiten. Dafür setzen wir uns ein, damit wir uns die Prämien auch in Zukunft noch leisten können.

Martin Landolt
Verwaltungsratspräsident


Das Jahr 2022 in Kürze

Die Gesundheitskosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) sind 2021 mit über fünf Prozent stark angestiegen. Dieses Kostenwachstum gefährdet die Stabilität bei den Prämien, nachdem diese in den drei Jahren vorher nur moderat gestiegen sind. santésuisse warnt: folgt bei den Kosten keine deutliche Korrektur, können sich immer mehr Versicherte die Prämien schlicht nicht mehr leisten, was die Stabilität des bewährten Systems gefährdet.

Das Bundesgericht stützt die Wirtschaftlichkeitsprüfungen von santésuisse. Dank der präventiven Wirkung von Kontrollen bei Ärztinnen und Ärzten werden die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler jedes Jahr um einen zweistelligen Millionenbetrag entlastet.

Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat entschieden, die Tarife für Laboranalysen linear um 10 Prozent zu senken. Damit werden die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler direkt entlastet.

Das breit genutzte Nachschlagewerk «Handbuch der Schweizer Kranken- und Unfallversicherung» wird neu auch online angeboten. Von den Nutzerinnen und Nutzern wird diese Version von Anfang an stark nachgefragt.

Der dreizehnte gemeinsame Medikamenten-Auslandpreisvergleich von santésuisse und Interpharma zeigt, dass in der Schweiz die Medikamentenpreise weiterhin markant höher sind als im Ausland.

Die Generalversammlung von santésuisse wählt Nationalrat Martin Landolt als Nachfolger von Heinz Brand zum neuen Verwaltungsratspräsidenten. Ständerat Peter Hegglin tritt im Verwaltungsrat die Nachfolge von Dieter Boesch als Vertreter des RVK an. Als Vizepräsident bestätigt wurde Thomas Grichting (Groupe Mutuel), zusätzlich wurde Ruedi Bodenmann (Assura) als Vizepräsident gewählt.

Im Sommer 2022 ist medial bekannt geworden, dass Betrügereien bei Corona-Test-Abrechnungen stattgefunden haben. santésuisse hat dem Bund bereits im Jahr 2021 detailliert Unregelmässigkeiten gemeldet und ihn zum Handeln aufgefordert. Dank dem entschiedenen Vorgehen der Krankenversicherer konnte ein noch grösserer Schaden zulasten der Allgemeinheit verhindert werden.

Der Bundesrat informiert, dass die mittlere Prämie in der Grundversicherung gegenüber 2022 um 6,6 Prozent steigt. Er führt diese Entwicklung auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie und damit verbundene Nachholeffekte zurück. Um die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler langfristig zu entlasten, fordert santésuisse von der Politik die Umsetzung einschneidender Massnahmen zur Kostendämpfung.

Eine im Oktober 2022 durchgeführte repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag von santésuisse zeigt: Die allermeisten Versicherten wären bereit, umfangreiche Kostendämpfungsmassnahmen und damit Einschränkungen bei Medikamenten und Leistungserbringern in Kauf zu nehmen – wenn sie dafür weniger bezahlen müssten.

Mit der Gründung der «Organisation ambulante Arzttarife AG (OAAT)» wird der Grundstein für die Erarbeitung einer neuen ambulanten Tarifstruktur gelegt. Das neue Tarifbüro soll die beiden neu entwickelten Tarifstrukturen, die ambulanten Pauschalen und den Einzelleistungstarif Tardoc, zusammenführen.

Die solutions tarifaires suisses AG hat das ambulante Pauschalensystem finalisiert und beim Bundesrat zur Vorprüfung eingereicht. Damit ist der Grundstein für den künftigen ambulanten Tarif gelegt. Der Bundesrat hatte die Tarifpartner im Juni 2022 aufgefordert, bis Ende 2023 ein Tarifwerk bestehend aus ambulanten Pauschalen und dem Einzelleistungstarif Tardoc zur Genehmigung vorzulegen.